Gartentagebuch im Mai
 


 

 

Nach der außergewöhnlichen Hitze des Aprils beginnt nun der eigentliche „Wonnemonat“ Mai mit viel Regen und eisig kalten Nächten. Wärmeliebende Pflanzen wie Tomaten und Kürbisse, die man selbstverständlich schon längst ins Freie gepflanzt hatte, werden nun gehörig auf die (Kälte-)probe gestellt. Etliche von ihnen verfaulen bei andauerndem Landregen und nächtlichen 5° auf den Beeten.
Schwer zu sagen, ob die Kaltfront nun den Eisheiligen, also den Herren Mamertus, Pankratius und Servatius, sowie meiner Namenspatronin Sophie, zu zu schreiben ist, oder ob diese Wetterkapriolen einfach nur eine Laune der Natur sind, ein Schabernack vielleicht, um uns wetterverwöhnte rheinländische Gärtner einmal so richtig an der Nase herum zu führen.
Bei dieser Berg- und Talfahrt des Thermometers in den letzten Wochen macht es gerade nicht so richtig viel Freude, durch den Garten zu wandern, geschweige denn darin zu arbeiten.
War der Regen auch noch so sehr herbeigesehnt worden, nun sind die Fässer längst bis zum Anschlag gefüllt und es fröstelt einen auf dem Weg zum Garten, den ich natürlich, da er nicht sehr lang ist, zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältige.
Empfindliche Gewächse, wie Auberginen, Peperoni oder Melonen erregen mein Mitleid, wie sie da so klein und verfroren zwischen hartgesottenerem Mohn, Ackerwinden und Ringelblumensämlingen im kalten Wind vor sich hinzittern. An Wachstum ist da absolut nicht mehr zu denken und wenn man nicht jeden Tag rund um die schmächtigen Pflänzchen jätet, so sinkt ihre Chance beinahe gegen 0, dass aus ihnen noch einmal etwas Anständiges werden wird.
Ich kann mich im Moment nicht recht entscheiden, was mir lieber ist: Die Hitze mit über 30 ° C im Schatten, unter der wir im April noch gestöhnt hatten, oder die feuchtkalte Witterung, die nun im Frühlingsmonat Mai so penetrant die Stellung hält. Irgendetwas dazwischen wäre  uns natürlich am liebsten, aber es ist wie es ist und für den Moment können wir nichts weiter tun, als die Wetterverhältnisse zu akzeptieren, wie sie sich gerade zeigen.
In einer Regenpause blitzt es mit ungewohnter Helligkeit für einen kurzen Moment zwischen schwarzen Wolken hindurch. Ein paar wärmende Sonnenstrahlen erreichen die Beete, tropfnasse Grashalme, die plattgedrückt auf der Erde liegen und natürlich auch all’ die Gärtner, die sich nicht gescheut haben, trotz des unfreundlichen Regenwetters ihrem Garten einen kleinen Besuch abzustatten. Beim Zusammenprall der kühlen Regentropfen und dem mit Wärme aufgespeicherten Boden steigt Dampf auf. Ein faszinierender Anblick, wie Schwaden von Wasserdampf aus der Wiese emporsteigen.
Trotz aller Resignation in Sachen Frühling, wage ich einen Blick auf die Blumenbeete. Und siehe da: Trotz des Eiswetters entdecke ich eine steigende Anzahl von Blütenknospen, die dort geduldig verharrend auf ihren großen Auftritt warten. Man beginnt zu ahnen, welche Farbenfreude hier in Bälde herrschen wird: Tausende, über dem Garten tanzende Margerithenblüten werden es sein; die kleinen wilden, die sich nur mit der Größe ihre Blütenteller ein wenig zurückhalten, um dafür aber umso zahlreicher zu erscheinen. Zu ihnen werden sich vielfarbige Bartnelken gesellen. In ihren Horsten beginnt es sich zu recken und zu strecken.
Bartnelken sollen schon die Lieblingsblumen meiner Großmutter gewesen sein. Anscheinend handelt es sich bei der Vorliebe für bestimmte Blumen um eine Eigenschaft, die sich von Generation zu Generation allein über das Erbgut weiter vererben lässt, denn kennen gelernt habe ich diese Großmutter leider nie.
Bartnelken zeichnen sich neben ihrer Farbenvielfalt auch durch ihre Treue aus. Sind sie einmal im Garten sesshaft geworden, kann man sich das Aussäen fortan sparen. Ebenso verhält es sich mit Nigella nigra, der Jungfer im Grünen, die jedes Jahr aufs Neue mit ihrer Farben- und Formenvielfalt überrascht. In Sträußen sind sie ganz zauberhaft und schmücken längst verblühte und vergessene Blumen- Bukets mit ihren eindrucksvollen Samenkapseln.
Aufregend ist der Moment des ersten Fingerhutes des Jahres. Mir scheint es so, als wäre der erste Blütenstängel immer der Schönste und Größte, aber das kann natürlich auch daran liegen, dass er so früh im Jahr noch weniger Konkurrenz hat und daher einfach mehr Beachtung findet.

Mitte des Monats ändert sich das Wetter ganz plötzlich, indem es zwar nicht unbedingt trockener, dagegen aber sehr warm und schwül wird. „Treibhauswetter“, , und wie in einem Treibhaus fängt es im Garten nun auf einmal rasend schnell zu wachsen an. Als erstes wäre da natürlich das Unkraut, bzw. Wildkraut, das nichts anderes im Sinn hat, als den Kampf um den besten Platz an der Sonne zu gewinnen, indem möglichst viele Nachbarpflanzen ziemlich skrupellos mal eben schnell überwuchert werden. Kleine Melonen oder frisch gesetzte Mittagsblumen haben natürlich keine Chance gegen diese wilde unbändige Übermacht und so bleibt einem nichts anderes übrig, als zu jäten zu jäten und zu jäten...
Eine recht schweißtreibende Angelegenheit. Währenddessen kündigt in der Ferne grollender Donner  schon das nächste Gewitter an.

Die lieben Schnecken

Wenn ich hier von „lieb“ spreche, so ist das gar nicht mal ironisch aufzufassen, denn schon sehr lange ist es nun her, als ich Schnecken noch für alles vernichtende Fressmonster hielt, die man sich tunlichst vom Leibe halten musste, wollte man auch nur einen einzigen Salatkopf oder vielleicht sogar noch ein paar Gurken oder Kürbisse ernten. Ja, ich gebe es hier mit gesenktem Haupt zu, auch ich habe schon diese blauen, nicht besonders gut riechenden Körnchen um meine kleinen Zöglinge gestreut, habe mit einem Gefühl der Ohnmacht aus einer einzigen Schnecke mit einem kurzen schnellen Hieb meiner Gartenschaufel zwei  gemacht und für einen kurzen Moment sogar daran geglaubt oder auch nur gehofft, dass sich das `Problem’, dass ich zweifelsohne zu haben glaubte, durch meine ‚umsichtigen’ Gegenmaßnahmen in Nichts auflösen würde. Heute schüttele ich über mich selbst den Kopf, wie ich bloß so dumm sein konnte, und inzwischen habe ich ja sogar ein ganzes Buch über die kleinen „Schleimer“ geschrieben und lebe friedlich und ohne Probleme mit Schnecken aller Arten gemeinsam unter einem Garten-„Dach“.
Gerade in diesen Tagen höre ich wieder sehr viele Klagen über allzu gefräßige Schnecken und ich wundere mich dann immer sehr, dass diese „Plage“ anscheinend überall herrscht, nur nicht in meinem Garten. Im Gegenteil, so sorgte ich mich doch schon um den Bestand dieser nützlichen Tiere, da ich in diesem Jahr, außer einigen Weinbergschnecken, noch so gut wie keine Schnecken zu Gesicht bekommen habe. Sie scheinen meinen Garten nicht besonders zu mögen und ich war drauf und dran, extra für sie einige von ihren Lieblingspflanzen anzubauen, damit sie doch auch mal wieder auf eine Stippvisite vorbeikommen würden.
Ja, das ist schon verrückt manchmal, was wir in unseren Gärten alles erleben und vor allem, wie wir es erleben. Jeder freut sich eben anders oder auch über Anderes, aber eins ist doch allen Gärtnern gemein: Sie gehen in den Garten, um dort ein wenig Glück und Frieden zu finden. Wie sagen es doch die Chinesen so schön: „ Nur der Dumme sucht das Glück in der Ferne, der Kluge lässt es unter seinen Füßen sprießen.“
Umgemünzt auf unsere Gartenschnecken könnte man auch sagen: „Nur der Dumme bekämpft Schnecken mit Schneckenkorn, kochendem Wasser oder gar Salz, der Kluge dagegen freut sich über alles, was wächst und lässt sich nicht von Schnecken ärgern und gar zu törichten Taten hinreißen...“

Buchtipp: "Schneckenalarm", von Sofie Meys


Buchtipp: "Die alte Villa", von Sofie Meys (ein Familienroman mit den Schwerpunkten 'Garten', 'Kräuterkunde', 'Mytologie'

Übersicht aller Tagebucheinträge