Kurzgeschichten bei Gartenwelt-Natur.de!
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Naturgärtner im Auwald

 

Von Sofie Meys

 

 

Auwald

Feuchtigkeitsgeschwängert sind Luft und Erde
Dem quirligen und sprudeligen Strom so nah
fühlt sich Leben wie Leben an.
Seine Grenzen erprobend
nähert sich der Fluss dem Menschen,
mal schüchtern und sanft,
mal gewaltsam und wild,
doch niemals ohne Grund.
In leidenschaftlicher Umarmung,
erleben wir Aue und Wasser.
 Zwei Liebende, wie man sie heute immer seltener sieht.
Doch blind vor Angst und Wut, und ohne zu verstehen
sperren wir den Geliebten
 in einen Käfig aus grauem Beton,
setzen wir unsere Wohnstätten auf seine Angebetete,
lassen sie verdursten, verdörren,
und in ungestillter Sehnsucht
                                                              einsam zurück.

 

 

Es ist wieder so weit! Der Fluss verlässt sein Bett und macht Ausflüge in die nähere Umgebung.
Für viele Anrainer eine mittlere Katastrophe, da Straßen überflutet werden und die Keller volllaufen, im schlimmsten Fall müssen sogar Menschen und Tiere evakuiert werden. Konnten sich Mensch und Tier retten, so entsteht häufig ein nicht unbeträchtlicher Sachschaden. Die Versicherungen reden sich hier gerne raus und lassen die Geschädigten auf ihren Kosten sitzen…

Machen wir in diesen Tagen einen Spaziergang durch den Auwald!
Der Auwald  liebt das Wasser und braucht es sogar. Ist es doch ein Garant für seine Daseinsberechtigung.
Und naturbegeisterte Menschen – womöglich auch viele ‚Naturgärtner’- werden denken, dass es völlig normal ist, dass es in Flussnähe zu  Überflutungen kommen kann.  
So manch einer grübelt gar darüber nach, dass durch Hochwasser ausgelöste Tragödien in fast allen Fällen von Menschen verursacht sind: Ließe man dem Fluss seinen natürlichen Verlauf, so käme er häufiger ‚an Land’, ganz ohne viel ‚Tamtam’ und wäre quasi ein guter Bekannter. Jeder wüsste, wie er mit ihm samt seiner kleinen ‚Ungezogenheiten’ umzugehen hätte.

 

 

Spannend ist es, herauszufinden, wo man noch laufen kann, und wo das Wasser schon die Wege versperrt:

 

 

 

Bezaubernde Anblicke verschafft dem Wanderer die unter Wasser stehende Hartholzaue.
Im Weißer Bogen (Köln) besteht diese hauptsächlich aus Buchen, Lärchen, Birken und Ahorn.
Die dunklen Ränder an den Baumstämmen signalisieren fallende Wasserstände:

 

 

 

 

Unweit des Auwalds befindet sich mein naturnah gestalteter Schrebergarten. Hätte der Mensch nicht irgendwann entschieden, dass es sich hier – unweit des Rheinufers -  gut leben und wohnen lässt, so würde das Gelände noch heute weitläufig zur Aue des Weißer Bogens gehören.
Die Gärten des Kleingartenvereins Weiß e. V. wurden 1995 im Zuge eines ‚Jahrhunderthochwassers’ komplett überflutet.
Doch für uns Gärtner war dies eher ein Grund zur Freude, denn das endgültige  ‚Aus’ der Kleingartenanlage war damals schon beschlossene Sache gewesen. Das gut 1 ha große Gelände sollte ‚attraktiv’ mit Ein- und Mehrfamilienhäusern bebaut werden. 
Die damals rund 60 Jahre alten Gärten wären sang- und klanglos verschwunden, samt ihrer darin lebenden Bewohner. 
Fledermäuse, Molche, Frösche, Libellen, unzählige Singvögel, Siebenschläfer, zahllose Insekten… sie alle hätten ihr Zuhause verloren. Von den alten Obstbäumen, Hecken und der unbeschreiblichen Anzahl an Wildkräutern, Stauden und anderer Gartenpflanzen ganz zu schweigen.

Einige von ihnen hätten vielleicht anderswo ein neues Zuhause gefunden, andere  wären lautlos zugrunde gegangen. Kaum jemand hätte dies bemerkt.
Nur die Gärtner selber hätten ihrer Trauer vermutlich Ausdruck gegeben und vielleicht ein paar Zeilen aufgeschrieben oder ihren Kindern und Enkeln immer mal wieder von den alten Gärten am Pflasterhof erzählt.
Von der wundervollen Idylle, die sie dort erlebt hatten. Ihre Erzählungen hätten wie ein Märchen geklungen und die Menschen hätten sich nach so einem Ort gesehnt, an dem es so grün, ruhig und harmonisch ist, wie es eigentlich nur im Paradies sein kann.

Doch ist dies alles nicht geschehen. Noch nicht. Der gute alte Rhein hat es gerade noch verhindern können und hat die Bauleute mit seinen Wassermassen in die Flucht geschlagen.
Und so genießen wir Gärtner vom Pflasterhof weiterhin unsere Gärten. Lauschen auf die Stille, die höchstens durch das Brummen einer dicken Hummel  oder dem Zwitschern der Vögel ‚gestört’ wird, bewirten unsere Gäste im Sommer, mähen unsere Wiesen mit  der Sense (oder manchmal auch mit ‚Radau’), graben, säen, jäten und ernten, tanken Energie und Frischluft.
Wir führen nicht  nur Fachgespräche über den Gartenzaun und die älteren Gärtner besuchen sich gegenseitig in ihren Lauben. Ich horche auf ihre Stimmen, gehe der schönsten Tätigkeit auf Erden nach und bin einfach nur zufrieden.
Nach getaner Arbeit setze ich mich auf die kleine Veranda meiner Baumarkt-Gartenhütte, lege die Füße auf die hölzerne Balustrade, halte ein stummes Zwiegespräch mit meinem Garten und beobachte fasziniert, wie sich  eine Blaumeise auf meinen Schuh setzt.

 

 

 

 

 

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